Bezirksvertretung Mitte entscheidet Dienstag über umstrittene Namensänderungen
Das Thema beschäftigt die Öffentlichkeit in Münster schon seit sehr langer Zeit. Belastete Straßennamen, die in der Zeit des Nationalsozialismus in Münster vergeben wurden und nun wegen der Historie, die mit den Namen verbunden sind, – teilweise – umbenannt werden sollen. Es ist tatsächlich inzwischen auch ein Kulturkampf ausgebrochen und die Bandagen werden immer härter, spätestens seit die Stadtverwaltung in Münster die Seiten gewechselt hat.

Mehrheit plant fünf Namensänderungen
Wenn heute um 17 Uhr im Festsaal des Stadtweinhauses am Prinzipalmarkt die Bezirksvertretung (BV) Münster-Mitte zusammentritt, werden sicherlich mindestens ebenso viele, wenn nicht gar sogar mehr Zuhörer:innen als Mandatsträger:innen im Raum sein. Das Thema polarisiert, weshalb Stadt und Bezirksbürgermeister Martin Honderboom (SPD) in den Rathaussaal geladen haben.
Insbesondere die Anwohner:innen der fünf Straßen (Admiral-Scheer-Straße, Admiral-Spee-Straße, Otto-Weddigen-Straße, Skagerrakstraße und Langemarckstraße), deren Namen am Dienstag geändert werden sollen, dürften versuchen, durch ihre Anwesenheit Einfluss auf die Entscheidung der Bezirksvertretung zu nehmen. Da die Abstimmungen, über jede Abstimmung wird laut veröffentlichter Tagesordnung einzeln debattiert und abgestimmt, kann es dauern, bis klar ist, welche Straßennamen geändert werden. Grundsätzlich ist die Bezirksvertretung das politische Gremium, dass über die Benennung von Straßen und auch deren Änderung abschließend entscheidet.
„Gute Zeit, um über Straßennamen zu diskutieren“
In einem Pressegespräch am Montagmittag verdeutlichte die grüne BV-Fraktion und die Partei, was am Dienstag geändert werden soll. Jörg Rostek, Vorstandssprecher der Grünen in Münster, die Fraktionsvorsitzende Gina Auer sowie der 2. Stellvertretende Bezirksbürgermeister in Münster-Mitte, Kai Meyer vor dem Esche, traten vor die Medien und stellten einen Antrag vor, der von den Beschlussempfehlungen der Stadtverwaltung in fünf von sieben Vorlagen abweicht. Lediglich die Verwaltungsvorlagen zur Beibehaltung der Namen Prinz-Eugen-Straße und Tannenbergstraße wollen, so die Grünen im Pressegespräch, sie selbst und die BV-Vertreter:innen von SPD und Volt passieren lassen.

Dabei unterstrich Jörg Rostek mit Hinweis auf die aktuellen Gedenktage zur Befreiung Deutschlands vom Faschismus und dem Ende des Zweiten Weltkrieges, dass es im Moment eine „gute Zeit sei, um über Straßennamen zu diskutieren.“ Für ihn seien „Straßennamen ein Spiegel der Geschichte. Wir sind davon überzeugt, dass die Umbenennung nationalsozialistisch belasteter Straßennamen nach langer Diskussion und Bürgerbeteiligung ein notwendiger Schritt ist, um heute Verantwortung für unsere Geschichte zu zeigen.“ Deshalb unterstütze er und auch seine Partei die von den Fraktionen eingebrachten Anträge.
Nicht über die Köpfe hinweg entscheiden
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen in der BV Mitte, Gina Auer, unterstrich, dass sich ihre Fraktion und auch ihre Partei, allerdings ebenso alle anderen BV-Mitglieder, es sich in den vergangenen vier Jahren der Diskussion nicht leicht gemacht hätten: „Für uns war immer klar, wir werden nicht über die Köpfe der Menschen hinweg entscheiden.“ Deshalb hätten sie sich mit SPD und Volt auch geeinigt, den Namen der Prinz-Eugen-Straße nicht zu verändern. Dies sei auch der Wunsch der Bürger:innen bei der sehr gut besuchten Beteiligungsveranstaltung gewesen. Auer: „Außerdem ist es durchaus vertretbar, diese Person im Stadtbild zu haben. In Wien wird Prinz Eugen für seine Verdienste geehrt.“
Den Namen Tannenbergstraße will die SPD nicht ändern
Die Grünen ließen durchblicken, dass für sie durchaus auch der Name Tannenbergstraße verschwinden könnte. Aber dies habe die SPD nicht gewollt. So werden die beiden BV-Mitglieder der Partei Die Linke vermutlich in der BV-Sitzung allein für die Umbenennung der Straße eintreten, die an den „Geburtsort“ der den Faschismus in Deutschland mit vorbereitenden Dolchstoßlegende – die Tannenbergschlacht – erinnert. Im Ersten Weltkrieg besiegte 1914 im damaligen Deutsches Reich, heute liegt Tannenberg in Polen und heißt Stębark, die deutsche Armee unter den Kommandeuren Ludendorf und Hindenburg russische Truppen. Selbst laut Gutachten für die Stadt Münster befeuerte dieser Sieg die Dolchstoßlegende, dass die Wehrmacht im Ersten Weltkrieg „im Felde unbesiegt“ geblieben sei. Hitler benannte ein dortiges Ehrenmal sogar zum „Heiligtum der Nation“.

Vier Namen sollen weg und einer leicht geändert werden
Der gemeinsame Antrag von Grünen, SPD und Volt, die übrigens zusammen elf von 19 Stimmen und damit die Mehrheit in der Bezirksvertretung Mitte haben, sieht vor die Admiral-Scheer-Straße, Admiral-Spee-Straße, Otto-Weddigen-Straße und Skagerrakstraße (alle in Mauritz) umzubennen. Die Langemarckstraße in Uppenberg soll ein „c“ verlieren und zukünftig „Langemarkstraße“ heißen. Langemark heißt der Ort in Flandern, wo die erste – von den Deutschen später verklärte – Schlacht im Ersten Weltkrieg in Belgien stattgefunden hat. Durch das „c“ in der Schreibweise würde an den revanchistischen Langemarck-Mythos und damit an die Weimarer Antidemokraten und auch die Nationalsozialismus erinnert. Für Kai Meyer vor dem Esche eine nur kleine Änderung, die aber den Charakter des Straßennamens weg von der historischen Schlacht hin zu einem geografischen Ort positiv verändere.

„Bürger für Münster“ wollen bei Umbenennungen Bürgerbegehren starten
Sollte die Umbenennung am Dienstag (6. Mai 2025) beschlossen werden, will die Bürgerinitiative „Bürger für Münster“, die auch die Online-Petition gestartet hatte, ein Bürgerbegehren gegen die BV-Beschlüsse auf den Weg bringen. Dazu müsste die Bürgerinitiative in drei Monaten fast 10.000 Unterstützungsunterschriften in Mitte sammeln – deutlich mehr als sie bei der Petition erreicht hatte.
Stalinallee, Ulbrichtstrasse, Honeckerweg oder Erich Mielke Allee würden wohl eher Zustimmung finden wenn man die Begründungen von Grünen und SPD liest!