Keine Privatisierung kommunaler Einrichtungen
Im nicht öffentlichen Teil der Sitzung des Rates der Stadt Münster steht am Mittwoch (24. Juni) um 17.30 Uhr in der Halle Münsterland auch der Tagesordnungspunkt „Privatisierung des Klarastifts“ auf der Agenda. Das kommunale Gremium ist zugleich Vorstand der seit 1176 bestehenden Stiftung Magdalenenhospital, die Trägerin der verschiedenen Kapitalgesellschaften ist, die unter Klarastift fungieren. Es soll gemäß Pressemitteilung der Stadt Münster „Klarastift soll in neue Hände“ die Zukunft des Klarastifts in neuer und geeigneter Trägerschaft gesichert werden, weshalb der Aufsichtsrat die Geschäftsführung des Klarastifts unter Einschaltung externer Beratungsleistung um die Entwicklung von Zukunftsszenarien gebeten hatte. Dabei habe sich, so die Stadt, „die Veräußerung an einen zuverlässigen Erwerber im Verbund als einzig sinnvolle Option herausgestellt“. Deshalb sei der „Markt“ durch die Verantwortlichen der Stadt sondiert worden.
Das Klarastift, so deren Selbstdarstellung auf ihrer Webseite, sei „ein modernes Dienstleistungsunternehmen des Gesundheitswesens und für die Pflege, die Versorgung und die soziale Betreuung der bei uns lebenden Bewohnerinnen und Bewohner und unserer ambulanten Kundinnen und Kunden“.
Zum Klarastift gehören ein Altenzentrum mit vollstationärer Altenpflege, eine Wachkomastation, Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenzerkrankung, ambulante Dienste sowie eine Tagespflegeeinrichtung.
Mehrere Träger hätten laut städtischer Pressemitteilung ihr grundsätzliches Interesse am Klarastift bekundet. Der Rat der Stadt Münster entscheidet am 24. Juni in geheimer Sitzung, ob er einem Trägerwechsel grundsätzlich zustimmen will. Danach sollen die Angebote geprüft und konkrete Vertragsverhandlungen aufgenommen werden. Der Rat hat es eilig, denn am 13. September stehen Neuwahlen an. Vorher will die Ratsmehrheit in ihrer Sitzung am 26. August eine endgültige Entscheidung treffen.
So „alternativlos“, wie es die Stadt Münster darstellt, sei der Weg in die Privatisierung kommunaler Daseinsvorge aber nicht, unterstreicht Werner Szybalski, Ratskandidat der „Münster Liste – bunt und international“: „Im Zuge der neoliberalen Welle wurde auch die Stadt Münster zum „Konzern Stadt“ umgebaut. Dies geht einher mit der Entfremdung der städtischen Einrichtungen von den Einwohner*innen der Stadt sowie dem Versuch, die Käufer*innen durch verschiedene von ihnen durchgeführten Maßnahmen finanziell an den ehemals kommunalen Einrichtungen verdienen zu lassen. Doch die Stadt gehört uns allen und nicht nur den Vermögenden und den von ihnen kontrollierten Investionsgesellschaften.“
Die „Münster Liste – bunt und international“ hält den Verkauf des Klarastifts für völlig falsch und fordert gemäß ihres Konzeptes „Kommune selbst verwaltet“ die Gründung eines lokalen Trägervereins, der die Aufgaben des Stadtrates und der Verwaltung zukünftig übernimmt. In diesem gemeinnützigen und transparenten Verein können alle Münsteraner*innen und natürlich insbesondere die Bewohner*innen, deren Angehörige, die Nachbarschaft und die Beschäftigten Mitglied werden. So bleibt die über 1000 Jahre alte Stiftung Magdalenenhospital, deren Vorstand aktuell der Rat der Stadt Münster bildet, in kommunaler Hand und die Bewohner*innen und Beschäftigten können zukünftig die Einrichtung selbst verwalten.
Zudem wirft das Verfahren eine Frage nach Bürger*innenbeteiligung und Transparenz auf. Warum muss eine solche Maßnahme vor den Menschen in unserer Stadt geheim gehalten werden?
Transparenz ist nicht, wenn ich informiert und eingebunden bin, sondern wenn alle Menschen die betroffen oder interessiert sind, umfassend informiert werden.
Werner Szybalski
Auf die Facebook-Ankündigung der Protestkundgebung der „Münster Liste – bunt und international“ gegen die Privatisierung des Klarastifts hat sich die Betriebsratsvorsitzende des Ambulanten Dienstes des Klarastift, Svenja Dubbrow, zu Wort gemeldet. Sie befürchtete, wir würden im Namen der Beschäftigten des Klarastifts demonstrieren: „Es gibt für uns keinen Grund, diese Mahnwache abzuhalten.
Es ist nicht geplant, das Klarastift an einen privaten Anbieter zu verkaufen.
Es handelt sich hier um einen für uns transparenten Prozess, der absolut sozial verträglich (für die Mitarbeiter und die Bewohner) von statten gehen soll.
Unsere Einwände, Fragen und Ansprüche werden ernstgenommen und fließen in die Verhandlungen mit ein.
Wir halten es tatsächlich für etwas absurd, zu diesem Zeitpunkt als Aussenstehende gegen etwas zu demonstrieren, welches die Betroffenen doch eher optimistisch einschätzen.“
„Wir „Außenstehenden“ sehen es etwas tatsächlich anders, liebe Frau Dubbrow“, erklärte Szybalski in einem Antwortpost: „Wir wollen und wir werden natürlich nicht im Namen der Beschäftigten der verschiedenen Kapitalgesellschaften des Klarastifts und erst recht nicht im Namen der unter dem Dach des Klarastifts lebenden oder betreuten Menschen sprechen, sondern unsere Vorstellungen von einem menschengerechten Leben in Münster auf der Kundgebung darstellen. Pflege ist für uns eine Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge, die alle Menschen in unserer Kommune betrifft und deshalb auch für alle transparent sein muss. Zudem sollten die Bewohner*innen und Betreuten, deren Angehörige wie auch die Beschäftigten erheblichen Einfluss auf die Ausrichtung und Praxis in der jeweiligen Einrichtung haben.
Es ist sicherlich schön, dass die Betriebsräte in die geplante Veräußerungen ihres gemeinützigen Unternehmens einbezogen wurden. Dies hat aus unserer Sicht allerdings nichts mit Transparenz zu tun. Transparenz wäre gegeben, wenn morgen Abend der Rat der Stadt Münster in öffentlicher Sitzung über die Privatisierung einer öffentlichen, kommunalen Kapitalgesellschaft im Besitz der seit 1176 bestehenden Stiftung Magdalenenhospital diskutieren würde.
Wir halten die Privatisierung eines kommunalen Unternehmen, dazu gehören für uns auch die Stiftungen der Stadt Münster, für grundsätzlich falsch. Zahlreiche Beispiele aus dem Gesundheits- oder Pflegebereich, aber auch zum Beispiel aus den Bereichen Ver- und Entsorgung oder öffentlicher Infrastruktur haben insbesondere in der vom Neoliberalismus geprägten jüngeren Zeit gezeigt, dass Privatisierungen nur extrem selten positve Auswirkungen für alle Menschen, die kommunalen Gemeinschaften oder auch die Gesellschaft insgesamt zeigen.
Sie, Frau Buddrow, schreiben, dass die „Betroffenen“, damit meinen Sie offensichtlich die Beschäftigten, die geplante Privatisierung „doch eher optimistisch einschätzen“. Für uns ist dies allerdings nur eine Perspektive, denn die Beschäftigten kümmern sich in der Regel um Arbeitsbedingungen und Entlohnung. Was aber ist mit den Menschen, die in der Einrichtung leben oder auch temporär stationär oder ambulant betreut werden?
Sie erlauben sich, auch für die Bewohner*innen und Betreuten ihrer Einrichtungen zu sprechen, denn Sie schreiben: „Es handelt sich […] um einen für uns transparenten Prozess, der absolut sozial verträglich (für die Mitarbeiter und die Bewohner) von statten gehen soll.
Unsere Einwände, Fragen und Ansprüche werden ernstgenommen und fließen in die Verhandlungen mit ein.“
Auch aus Transparenzgründen würde mich interessieren, ob Sie aktiv die Belegschaft und die Betroffenen in Ihre Beratungen einbezogen haben und ob auch die Mitarbeiter*innen und die Bewohner*innen und Betreuten ihre „Einwände, Fragen und Ansprüche“ haben einbringen können?
Deshalb – auch eine Frage der Transparenz – wäre es für die Öffentlichkeit wichtig zu erfahren, ob nur die Betriebsräte der rund 400 Mitarbeiter*innen des Klarastifts in die Verhandlungen einbezogen worden oder auch die Bewohner*innen und deren Angehörige?
Sie „halten es tatsächlich für etwas absurd, […] als Aussenstehende gegen etwas zu demonstrieren, welches die Betroffenen doch eher optimistisch einschätzen“. Wir halten es für fragwürdig, wenn hinter verschlossenen Türen und in nicht öffentlichen Sitzungen über die uns alle betreffenen Fragen der kommunalen Daseinsvorsorge in Münster entschieden wird.
Gern teile ich Ihnen noch mit, wie wir uns die Trägerschaft auch für das Klarastift vorstellen: Gemäß unseres Konzeptes „Kommune selbst verwaltet“ halten wir die Gründung eines lokalen Trägervereins, der die Aufgaben des Stadtrates und der kommunalen Verwaltung übernimmt, für den richtigen Weg. In diesem gemeinnützigen und transparenten Verein könnten alle Münsteraner*innen und natürlich insbesondere die Bewohner*innen, deren Angehörige, die Nachbarschaft und die Beschäftigten Mitglied und damit Entscheider*innen werden. So bliebe die über 1000 Jahre alte Stiftung Magdalenenhospital, deren Vorstand derzeit der Rat der Stadt Münster bildet, in kommunaler Hand und die Bewohner*innen und Beschäftigten können die Einrichtung selbst verwalten.
Natürlich lud Werner Szybalski im Namen der „Münster Liste – bunt und international“ Betriebsrätin Svenja Dubbrow zum Gespräch über das Thema ein. „Das Angebot gilt natürlich auch für die Bewohner*innen, Angehörigen und die Arbeitnehmer*innen des Klarastifts“, betonte der Ratskandidat.