Bedeutung der Pariser Kommune

Lesung von Historiker und Buchautor Florian Grams

Zum Auftakt der Ausstellung „150 Jahre Pariser Kommune“, die die Münsterliste vom 9. bis 20. November im Bennohaus (Eintritt ist frei. Die Ausstellung kann während der Öffnungszeiten des Bennohauses im Saal besichtigt werden.) zeigt, gastiert am Freitag, dem 11. November 2022, um 19 Uhr der Hannoveraner Historiker und Buchautor Florian Grams in Münster. Er hat im PapyRossa-Verlag das Buch „Die Pariser Kommune“ veröffentlicht. Im Bennohaus wird Grams aus seinem Werk lesen und mit den Besucher*innen über die historische und auch die heutige Bedeutung der Pariser Pariser Kommune diskutieren. Auch der Eintritt zur Lesung mit anschließender Diskussion ist frei.

Französische Kommunen rebellieren

Während in Deutschland sich Reichskanzler Bismarck anschickte, mit Gewalt das Deutsche Reich unter preußischer Führung zu schaffen, spitzten sich im zentralistischen Frankreich die sozialen Spannungen durch den sich rasant entwickelnden Kapitalismus zu. Nicht nur in Paris, sondern im ganzen Land, wie auch vor wenigen Jahren bei den erfolgreichen Protesten der Gelbwesten, standen die Menschen in Frankreich auf.

Als Folge der ungelösten sozialen Frage seit Beginn des 19. Jahrhunderts und dem Sturz des 2. französischen Kaiserreichs in Folge des deutsch-französischen Krieges entstanden deshalb in vielen Städten und Provinzen Frankreichs zwischen 1870/71 temporäre, selbst verwaltete und demokratische Kommunen. In Paris, der damals zweitgrößten Stadt der Welt, eroberte das in der Nationalgarde dienende städtische Proletariat gemeinsam mit den Kleinbürgern am 18. März 1871 die Macht. Auslöser für den Beginn der Pariser Kommune war der Versuch der Regierung, die Nationalgarde zu entwaffnen. Insbesondere die Pariser Frauen wehrten sich in den Stadtteilen, wo die Kanonen standen, und zogen selbst die Soldaten auf die Seite des Aufstandes. So kam in Paris zur Machtübernahme durch die Einwohner*innen. Die Regierung floh nach Versailles.

Rückgriff auf antike Vorbilder

In der Stadt gab es wegen des vorrückenden deutschen Militärs in vielen Stadtteilen comités de vigilance (Wachsamkeitskomitees), die unter anderem für die Versorgung der Menschen zuständig waren. Auch die für den Krieg bewaffnete Nationalgarde, die mehr als 300.000 Menschen umfasste, war in den Stadtbezirken, die sie gegen die Deutschen verteidigen sollten, stark verankert. Das aus 1500 Delegierten der 215 Bataillonen bestehende Zentralkomitee der Nationalgarde rief Wahlen zum Rat der Kommune aus. Die Bürger von Paris hatten damit die Verwaltung ihrer Stadt selbst in der Hand.

Damit griffen die Einwohner*innen von Paris auf antike griechische Vorbilder aus dem 5. Jahrhundert vor der heutigen Zeitrechnung zurück und wählten einen „Rat der Kommune“ mit 79 Männern. Frauen hatten weder aktives noch passives Wahlrecht.

Keine Könige, keine Herren, keine ernannten Vorgesetzten, sondern verantwortliche und absetzbare Funktionäre.

Statut der republikanischen Förderation der Nationalgarden, Tivoli-Vauxhall, 15. März 1871