Trotz „Atomausstieg“ bleibt Deutschland vorerst ein wichtiges Drehkreuz für die Atomindustrie
Am 15. April 2023 sollen die letzten drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland an den Standorten Neckarwestheim, Lingen und Landshut / Isar endlich endgültig abgeschaltet und dann zurückgebaut werden. Das wird auch Zeit! Trotzdem ist der inzwischen über 60 Jahre andauernde atomare Irrweg in Deutschland noch nicht beendet. Im Münsterland und Emsland sind weiterhin Atomfabriken in Betrieb, deren Schließung noch nicht in Sicht ist. Vielmehr sollen die Produktionskapazitäten in Gronau und Lingen für Urananreicherung und Brennelementefertigung zur Versorgung der internationalen zivilen und militärischen Atomwirtschaft sogar noch ausgebaut werden. So halten weltweit Lingen und Gronau auch gefährliche Pannenreaktoren am Laufen. Auch sichern deutsche Atomfabriken mit der Urananreicherung weiterhin den Militärs und Regierungen den Zugriff auf eine eigene Atombombe.
Anti-Atom-Demo am 15. April in Lingen
Am Samstag, dem 15. April 2023, demonstrieren unter anderem BUND, .ausgestrahlt, Bündnis AgiEL, Elternverein Restrisiko Emsland, SofA Münster, AG Schacht Konrad und BBU um 13 Uhr an der Brennelementefabrik in Lingen mit Abschluss um 15 Uhr am AKW für die sofortige Schließung der Brennelementefabrik, das Ende der Geschäfte mit Rosatomund den sofortigen und kompletten Atomausstieg. Am 15. April sollen die letzten drei deutschen Atomkraftwerke abgeschaltet werden – auch das AKW in Lingen. Doch wer glaubt, damit wäre endlich „Schluss mit Atomkraft“, der irrt, heißt es im Demoaufruf.
Folgend die Stellungnahme der Webseite atomstadt-lingen.de zur aktuellen Situation und den Hintergründen:
Uranabbau
Am Beginn des atomaren Wahnsinns steht der Uranabbau, der nichts anderes als Neo-Kolonialismus und radioaktiver Rassismus bedeutet. Rund 70 Prozent der weltweiten Uranvorkommen befinden sich auf dem Land indigener Gesellschaften. Die größten Reserven liegen in Kanada, Australien und Namibia. In den traditionellen Mythen wird z.B. bei den Aborigines davor gewarnt die gelbe Schlange, die für das Uran steht, in der Tiefe der Erde zu wecken. In weit stärkerem Maße als in der industrialisierten Welt kommt die Zerstörung der Landschaft durch den gewaltsam durchgesetzten Zugriff auf den Abbau von Rohstoffen einer Vernichtung der Lebensgrundlagen gleich. Betrachten wir den Weg des Urans in seiner Gesamtheit, so schädigen Förderung, Nutzung und Lagerung von Uran und radioaktiven Abfällen die Umwelt. Dabei werden Menschenrechte verletzt und die Landrechte zahlreicher indigener Gesellschaften übergangen. Nach Stilllegung der Bergwerke und Aufbereitungsanlagen ziehen sich die Konzerne ohne Sanierungsmaßnahmen zurück.
Uranförderung in der ehemaligen DDR
Auch in Mitteleuropa gäbe es abbauwürdige Uranvorkommen. Bei der Wismut in Aue (Thüringen) wurde bis zur Wende 1989 Uran gefördert. Die Sanierung der Altlasten haben bisher schon 7 Milliarden Euro verschlungen und ist noch lange nicht beendet. Die Auslagerung der Uranförderung und die damit verbundenen Gefahren sind nichts anderes als die Fortsetzung des Kolonialismus durch Politik und Atomwirtschaft.
Uran für Waffen
Das bei der Produktion in Gronau anfallende abgereicherte Uran ist wiederum wesentlicher Grundstoff zur Herstellung von Uranmunition. Die Geschosse werden wegen ihrer hohen Dichte als panzerbrechende Munition verwendet. Die liegenbleibenden Munitionsreste verseuchen langfristig
die Schlachtfelder radioaktiv.
Brennelementefertigung
Die Brennelementefabrik „ANF Lingen“ gehört der französischen EdF-Tochter Framatome. Lingen beliefert zahlreiche Hochrisikoreaktoren.
Kürzlich wurde bekannt, dass die wirtschaftlich angeschlagene Fabrik durch ein Joint Venture mit dem russischen Atomkonzern Rosatom künstlich aufgepäppelt werden soll. Zukünftig wollen Frankreich und Russland auf ihrem gemeinsamen Außenposten im Emsland nuklearen Brennstoff für Atomkraftwerke weltweit herstellen. Ausgerechnet der Atomsektor wurde bei den aktuellen Subventionen gegen Russland ausgenommen.
Nicht mit uns!
Wir fordern die konsequente Umsetzung des Atomausstiegs: Die Urananreicherung in Gronau und die Brennelementefabrik Lingen müssen geschlossen werden! Wir rufen daher dazu auf, am 15. April nicht nur die Abschaltung der letzten AKW´s zu feiern, sondern auch dafür zu sorgen, dass es so bleibt. Entsprechende Vorbereitungen an den drei Standorten sind in Vorbereitung. Wir laden hiermit dazu ein, am gleichen Tag gegen die Brennelementfertigung in Lingen auf die Straße zu gehen.
Mit kollektiven und unabhängigen Gruppen aus der Anti-Atom-, Umwelt-, Menschenrechts- und linken Friedensbewegung, Fridays for Future und Einzelpersonen wollen wir die Brennelementefabrik in Lingen bestreiken. Unbeugsam und unregierbar, überraschend und unberechenbar wollen wir den „Atomausstieg“ feiern und gleichzeitig eine neue Phase unseres Kampfes einleiten. Gegen die Atomwirtschaft und den Weiterbetrieb der Atomfabriken in diesem Lande und weltweit.