Öffentliche Plätze sind für alle da

Münster Liste bunt und international

Servatiiplatz jetzt ohne Sitzmöglichkeit

Von Mats Reißberg

Wir alle wissen, dass öffentliche Plätze wie der Servatiiplatz wesentliche Elemente unserer Stadt sind. Sie dienen als Orte der Begegnung, des Austauschs und der Entspannung – Orte, an denen das Leben in Münster in all seiner Vielfalt erlebt werden kann. Die kürzliche Renovierung des Servatiiplatzes, einschließlich der Installation neuer, hochwertiger Sitzbänke, sollte genau das fördern. Als langjähriger politischer Aktivist und Bürger dieser Stadt habe ich die Umgestaltung des Platzes und die nachfolgenden Entwicklungen aufmerksam verfolgt.

In den letzten Wochen jedoch wurden Beschwerden über die tatsächliche Nutzung des Platzes laut, insbesondere von den anliegenden Geschäftsleuten. Es wurde über Störungen durch laute Musik berichtet, und in einigen Fällen auch über Straftaten. Während ich diese Bedenken nicht leugnen will, bin ich zutiefst darüber empört, dass die Reaktion der Stadtverwaltung darin bestand, die gerade erst installierten Sitzbänke wieder abzubauen.

Immer mehr Bänke verschwinden aus unserem Stadtbild

Es scheint mir absurd, dass in einer Stadt, die bereits unter einem chronischen Mangel an öffentlichen Räumen ohne Konsumzwang leidet, das angebliche „Problem“ der Übernutzung eines solchen Platzes durch eine absichtliche Verschärfung dieses Mangels „gelöst“ werden soll. Seit vielen Jahren beobachte ich, was man treffend als „Bänkekrise“ bezeichnen könnte: Immer mehr Bänke verschwinden aus unserem Stadtbild. Oft werden beschädigte Bänke entfernt und dann, zum Bedauern vieler Bürgerinnen und Bürger, nie ersetzt. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Orte, sowohl im Zentrum als auch in den Außenbezirken, an denen eine Sitzbank eine willkommene Ergänzung wäre, jedoch fehlt sie dort. Dies betrachte ich als Symptom einer größeren Problematik und gleichzeitig als Teil einer möglichen Lösung.

In unserer schnelllebigen Gesellschaft müssen wir Räume für Ruhe und Begegnung schaffen und pflegen. Öffentliche Sitzbänke tragen wesentlich dazu bei, denn sie laden zum Verweilen, zum Gespräch und zum Genießen unserer schönen Stadt ein. Anstatt Bänke abzubauen, sollten wir überlegen, wo wir neue hinzufügen können. Indem wir mehr Orte schaffen, an denen Menschen ohne Konsumzwang verweilen können, verteilen wir die Aktivität auf eine größere Fläche und verringern die Konzentration auf einzelnen Plätzen wie dem Servatiiplatz.

Bänke am Servatiiplatz umgehend wieder aufstellen

Durch einen gezielten Ausbau von Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum könnten wir es allen ermöglichen, die Schönheit und Lebensqualität Münsters zu genießen. Ich fordere daher die Stadtverwaltung auf, die Bänke am Servatiiplatz umgehend wieder aufzustellen! Und auch darüber hinaus sollte dieser Aspekt in die künftige Stadtplanung stärker einbezogen werden, um uns allen zu ermöglichen, den öffentlichen Raum unserer Stadt in vollem Umfang zu nutzen.

Ein weiterer Aspekt, der in dieser Diskussion berücksichtigt werden muss, ist die Rolle der Geschäftsleute, die den Platz umgeben. Es ist ein offenes Geheimnis, dass einige von ihnen in der Lage sind, einen erheblichen – und meiner Meinung nach ungebührlichen – Einfluss auf die Stadtverwaltung auszuüben, zum Beispiel durch die Androhung von Mietminderungen aufgrund von Lärm oder anderen Störungen.

Darauf sollten wir einen besonders kritischen Blick werfen! Ich sehe eine Gefahr darin, dass die Interessen dieser Geschäftsleute Vorrang vor denen der Allgemeinheit haben könnten, insbesondere, wenn es um den Zugang zu und die Nutzung von öffentlichen Räumen geht. Das ist ziemlich undemokratisch. In dem von den Geschäftsleuten vermittelten Narrativ wird der Servatiiplatz als ein Ort dargestellt, der von Kriminalität und Lärm geprägt ist. Es besteht allerdings die Befürchtung, dass dies eher Teil einer Strategie ist, die eigenen Privilegien auszuweiten, als eine echte Sorge um das Wohlergehen der Gemeinschaft.

Verzerrte Wahrnehmung?

Die Renovierung des Servatiiplatzes und die anschließende intensive Nutzung haben auch eine Wahrnehmungsverzerrung hervorgerufen, die zu einer übertriebenen Reaktion auf den Zustand des Platzes beitragen könnte. Die Arbeiten am Platz führten dazu, dass er für eine Weile vollständig unbenutzt blieb. Dieses Bild des leeren, stillen Platzes wurde zu einer Art „neuem Normalzustand“ in den Köpfen vieler Menschen. Als der Platz dann nach Abschluss der Renovierungsarbeiten wieder für die Öffentlichkeit zugänglich wurde, kam es zu einer scheinbar plötzlichen, starken Belebung.

Diese unmittelbare Veränderung – von totaler Leere zu intensiver Nutzung – kombiniert mit der Tatsache, dass es Sommer ist (eine Jahreszeit, in der Menschen generell mehr Zeit im Freien verbringen) könnte dazu geführt haben, dass der Servatiiplatz als besonders belebt und „problematisch“ wahrgenommen wird. Menschen nehmen solche Veränderungen oft stärker wahr als gleichbleibende Zustände. Daher könnte die plötzliche Belebung des Platzes viel auffälliger und störender erscheinen, als wenn die Nutzung des Platzes kontinuierlich geschwankt hätte. Es scheint mir, als hätten einige Geschäftsleute diese Situation als Gelegenheit gesehen, sich über die Nutzung des Platzes zu beschweren und zu versuchen, ihre eigenen Interessen durchzusetzen.

Die Stadt darf nicht von Interessenvertreter*innen monopolisiert werden

Wir müssen immer aufpassen, solche Wahrnehmungsverzerrungen zu bemerken und zu hinterfragen, bevor wir zu Schlussfolgerungen über den Zustand des Platzes und geeignete Maßnahmen kommen. Wir sollten alle, einschließlich der Stadtverwaltung, daran erinnern, dass öffentliche Plätze für alle da sind und wir gemeinsam sicherstellen müssen, dass der öffentliche Raum in unserer Stadt nicht von einer kleinen Gruppe von Interessenvertreter*innen monopolisiert wird. Anstatt Sitzbänke zu entfernen, sollten wir Wege finden, um mehr Orte zu schaffen, an denen Menschen ohne Konsumzwang verweilen können. Wir sollten einen Dialog über die beste Nutzung unserer öffentlichen Plätze fördern und sicherstellen, dass sie wirklich für alle offen sind.