Ein Film über die „Befreiung der Zeit“
Saint-Imier, Schweiz, um 1877. Die industrielle Uhrenherstellung steckt noch in den Kinderschuhen. Hersteller, Behörden und Uhrenmodelle haben jeweils eigene Zeiteinteilungen, mit denen nicht nur die Vorstellung von Zeit, sondern auch Werte und Weltbilder verknüpft sind. Beamte und Gendarmen bestimmen Abläufe in der Produktion wie in der Gemeinschaft. Doch die Uhrenherstellung wird durch neue technische Entwicklungen verändert. Die Fabrikarbeiterin Josephine Gräbli wacht über die Unruh, die im Inneren der mechanischen Uhren schwingt. Als sie mit neuen Wegen der Beschaffung finanzieller Mittel und einer veränderten Organisation von Arbeit in Kontakt kommt, stößt die junge Frau auf die lokale Bewegung der anarchistischen Uhrenmacher, die mit der internationalen Arbeiterbewegung in Kontakt steht. In diesem Umfeld lernt sie den russischen Kartografen Pyotr Kropotkin kennen. Sie lassen sich von den neuen Ideen inspirieren, fordern das Ende von Nationalismus und Marktgesetzen und setzen diesen Pazifismus und Solidarität entgegen. Sie verlangen nichts Geringeres als die Befreiung der Zeit.
„Eine erstaunliche, sehenswerte Fabel über den Kapitalismus.“
Le Monde
1877: der russische Kartograf Pyotr Kropotkin kommt in ein Tal im Schweizer Jura, angelockt von der hochentwickelten Uhrenfertigung dort und von der Nachricht, dass sich Arbeiter*innen zu einer anarchistischen Gewerkschaft zusammengeschlossen haben. Er trifft auf eine Gesellschaft, in der Beamte und Gendarmen über die richtige Uhrzeit wachen und dem Produktionsbetrieb und der Gemeinschaft den Takt vorgeben. Immer effizienter werden die Produktionsabläufe in den Uhrmanufakturen organisiert, die sekundengenaue Kontrolle erzeugt einen steigenden Druck auf die Beschäftigten. Davon kann auch Josephine ein Lied singen, die über die Montage der Unruh, des Herzstücks der mechanischen Uhr, wacht und den zugereisten Kropotkin kennenlernt. Inspiriert von anarchistischen Ideen fordern sie die Befreiung der Zeit, setzen Solidarität und Pazifismus gegen Marktgesetze und Nationalismus.
Nach seinem Debüt „Dene wos guet geit“ schenkt uns Cyril Schäublin einen Historienfilm, wie er schöner und aktueller nicht sein könnte. Mit sorgfältig komponierten Bildern feiert dieser Film die Handwerkskunst der Uhrmacherei und verknüpft sie mit einer klaren politischen Haltung. Durch Verfremdung und Ironie wird deutlich, wie aktuell und universell das Thema von „Unruh“ ist.
Der 93minütige Film im französich, russisch, deutschem Original mit Untertiteln wird ab Donnerstag, dem 5. Januar 2023, im Wochenprogramm des Cinema (Ticketreservierung hier) gezeigt.