Die Kommunale Wähler*innen-Vereinigung „Münster ist bunt!“ in Gründung hat das Konzept „immissionsarme Innenstadt“ Münster vorgestellt. Es beinhaltet unter anderem die kostenlose Nutzung der Busse zwischen 24 Haltestellen im Kernbereich und anschließend eine Ausweitung auf 94 Haltestellen im Innenstadtbereich.
Dieses Konzept ist eingebunden in die aktuellen Entwürfe in der Stadt- und Regionalpolitik Münsters. Von der SPD über die Grünen bis hin zur CDU – und selbst Oberbürgermeister Markus Lewe – wird ein S-Bahn-Konzept für das Münsterland gefordert. Dies ist löblich und hoffentlich nicht nur wieder Augenwischerei.
30 Jahre alte Konzepte sind noch immer zukunftsweisend
Werner Szybalski, seit 1984 in Münster verkehrspolitische aktiv, forderte schon 1991, damals im Namen des von ihm gegründeten Verkehrsclubs Münster (VCD) die Reaktivierung der ehemaligen Landeseisenbahn zwischen Münster und Neubeckum. Auch damals schon war der Entwurf weitreichender als die derzeit diskutierten Pläne – so forderte der Verkehrsclub Deutschland 1991 schon die Elektrifizierung der Bahntrassen zwischen Warendorf beziehungsweise Neubeckum und Münster sowie die Trassenlegung in Münster vom Albersloher Weg über den Hauptbahnhof bis zur Danziger Freiheit auf der Straße. Zumindest ein Punkt aus dem alten Konzept, der Bahnhaltepunkt Warendorf-Einen / Müssingen, ist im Dezember 2016 verwirklicht worden.
Szybalski, einer der Initiatoren der Kommunale Wähler*innen-Vereinigung „Münster ist bunt!“, wird weiterhin für eine echte S(tadt)-Bahn für den Großraum Münster eintreten. Deshalb kritisiert er die diskutierten Pläne als angesichts der Mobilitätsbedürfnisse der Münsterländer*innen und der drohenden Klimakatastrophe „als nicht ausreichend“.
In einer nicht veröffentlichten Leserzuschrift an die Westfälischen Nachrichten zu den Beiträgen von WN-Redakteur Elmar Ries: „ZVM verliert Rest an Autonomie“ und der „Zug ist abgefahren“ vom 9. Januar 2020 kritisierte Werner Szybalski die faktische Auflösung des Zweckverbandes Schienenpersonennahverkehr Münsterland (ZVM) zugunsten der Dachorganisation Nahverkehr Westfalen (NWL).
Nahverkehr fährt in die falsche Richtung
Die einwohnergerechte Organisation des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ist eine – auch aus Gründen des Klimaschutzes – zentrale öffentliche Aufgabe der Kommunen. Durch den Beschluss, den „Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Münsterland“ (ZVM) praktisch bedeutungslos zu machen und die Organisation auf westfälische Ebene anzuheben, fahren die Züge – nicht nur im Münsterland – in die falsche Richtung.
Die Einwohner*innen des Münsterlandes werden bislang an der Planung und erst recht nicht an der Organisation des (schienengebundenen) öffentlichen Nahverkehrs beteiligt. Wir, die Kommunale Wähler*innen-Vereinigung „Münster ist bunt“ fordern, den Nahverkehr – auch und gerade auf der Schiene – in kommunale Hände zu legen. Zudem sollten die Fahrgäste durch einen Beirat mit Befugnissen bei sämtlichen öffentlichen Organisations- und Planungsgremien und ausführenden Institutionen beteiligt werden.
Der in den Westfälischen Nachrichten veröffentlichte Beschluss dient nicht nur dem Nahverkehr wenig, sondern macht erneut deutlich, wie höhere Ebenen (Land, Bund und EU) die Menschen vor Ort in ihrem Selbstbestimmungsrecht weiter beschneiden.
Werner Szybalski
Das von Oberbürgermeister Lewe und anderen Bürgermeistern des Münsterlandes unterstütze Projekt „S-Bahn Münsterland“ habe hingegen das richtige Gleis gewählt. Allerdings dürfte es noch etwas mehr sein, um die Mobilität der Menschen im Münsterland und auch die Bedürfnisse der Stadt Münster zufrieden zu stellen. „Erste Priorität hat der schienengebundene öffentliche Nahverkehr. Im klimagerechten Mobilitätsverbund geht es vom Haltepunkt mit dem Fahrrad oder Bus beziehungsweise zu Fuß weiter. Erst dann kommt das Taxi und ganz am Ende, klar hinter dem Stadtteilauto, der private PKW“, so der ÖPNV-Aktivist.
Verkehrsstruktur mit Zukunft statt Straßenausbau
„Am Beispiel des heiß diskutierten Straßenausbaus der B 51/ B 64 n zwischen Münster und Ostwestfalen wird deutlich, dass noch immer mit Autoverkehrskonzepten aus dem längst vergangenen Jahrtausend operiert wird“, stellte Szybalski klar, der sich den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zwischen der Domstadt, Telgte, Warendorf und darüber hinaus gänzlich anders vorstellt: „Die drei zum Beispiel zwischen Sudmühle und Telgte vorhandenen Verkehrstrassen – Radweg, Autostraße und Schiene – müssen zusammen gedacht, verknüpft und gemeinsam gestaltet werden. Mit einer Stadtbahn im 20-Minuten-Takt, die von der eigenen Trasse – insbesondere im Bereich von Kreuzungen und Einmündungen sowie ihren Haltestellen, vielleicht aber auch in dem gesamten Abschnitt – in den Bereich der Straße verschwenkt, würde der öffentliche Verkehr deutlich attraktiver werden. Rechts und links der Trasse könnte eine schnelle direkte Radverkehrsverbindung entstehen.“
Für das grundsätzlich zu begrüßende Projekt „S-Bahn Münsterland“ ist rund um die Stadt Münster zu prüfen, ob eine Realisierung im stadtnahen und innerstädtischen Bereich als Stadtbahn nicht wesentlich zukunftsweisender ist. „Ein Konzept, dass wir schon vor 30 Jahren entwickelt und öffentlich vorgestellt haben. So wichtig und schön es ist, dass inzwischen einzelne Aspekte des damaligen Entwurfs in die allgemeine Planung eingeflossen sind, so richtig wäre es nun, die Mobilität der Zukunft zu planen und nicht an veralteten Autoverkehrskonzepten kleben zu belieben“, so Werner Szybalski.
Die Schiene ist Rückgrat des Nahverkehrs im Münsterland. Wo immer es möglich und sinnvoll erscheint, muss der SPNV auf eigenen Trassen verkehren. Je näher die Schiene der Stadt kommt, desto mehr muss sie in die allgemeine Verkehrstrasse integriert werden. Klar sollte sein, dass Fuß-, Rad- und öffentlicher Verkehr Vorrang vor dem MIV (motorisierten Individualverkehr) genießen.