Stadtwerke gelingt Antriebswende

Zehn Jahre Elektrobusse in Münster

In Kürze fahren 97 der 120 Busse umfassenden eigenen Flotte der Stadtwerke Münster mit Elektroantrieb. Zehn weitere E-Busse sollen anschafft werden. „Die Ausschreibung ist raus“, bestätigte Frank Gäfgen, Geschäftsführer Mobilität der Stadtwerke Münster, bei einem Pressegespräch auf dem Betriebshof des lokalen Nahverkehrsanbieter anlässlich des Beginns der Antriebswende vor zehn Jahren. Mit der relativ kurzen, nur zwölf Kilometer langen Linie 14 zwischen Zoo und Mauritz-West ging es los und Busfahrer Michael Jasper saß als Erster hinter dem Lenkrad. „Es waren eher mitleidige Blicke der Kollegen, denn niemand war sich sicher, dass der Bus nicht unterwegs liegen blieb. Es war schließlich noch ein Prototyp, eine »Bastelkiste«. Zudem gab es noch keine funktionierende Ladeinfrastruktur. Strom getankt wurde über Stecker“ erinnert sich Jasper an die Kindertage der neuen E-Mobilität.

Neue E-Mobilität deshalb, weil es schon vor über 120 Jahren elektrischen Nahverkehr in Münster gab. Die Münsteraner liebten ihre „Elektrische“, doch die Straßenbahn, die seit 1901 durch die Domstadt zuckelte, wurde 1954 eingestellt. Aber es ging elektrisch weiter, denn die Oberleitungsbusse übernahmen. Doch nach 14 Jahren war Schluss mit dem elektrisch betrieben Nahverkehr in Münster, denn wegen zu geringer Flexibilität kam schon 1968 das Aus für die O-Busse mit Elektroantrieb.

Seit 10 Jahren fahren Elektrobusse durch Münster. Darüber freuen sich (v.l.n.r.) Stadtwerke-Geschäftsführer Frank Gäfgen, Werkstattleiter Tomislav Gorupic, Projektleiter Klaus Kock und Michael Jasper aus dem Fahrdienst der Stadtwerke. (Fotos: Werner Szybalski)

Städtische Dieselbusse sollen 2029 Geschichte sein

„Wir sind heute schon ein Elektrobus-Betrieb, mit einem kleinen Rest Dieselbusse, die wir in den nächsten Jahren ebenfalls ersetzen werden. Der E-Bus muss jeden Tag funktionieren und darauf haben wir uns vollständig ausgerichtet“, sagt Frank Gäfgen selbstbewusst. „Spätestens 2029 wollen wir den letzten Dieselbus abgeben. Dieses Ziel verfolgen wir von Beginn an und wir werden es erfüllen – vielleicht sogar ein Jahr früher als geplant.“

Vor zehn Jahren rollte Münsters erster Elektrobus vom Tieflader, berichteten die Stadtwerke-Mitarbeiter im Pressegespräch. „Der Tieflader hatte den Prototypen des Herstellers VDL aus dem belgischen Werk nach Münster gebracht. Ein wenig skeptisch haben die Mitarbeitenden der Werkstatt vor dem neuen Bus gestanden. Alle waren gespannt, was uns mit der neuen Technik erwartet. Zwar hatten wir bereits verschiedene Schulungen durchlaufen, aber den Bus dann vor Ort zu sehen, war sehr spannend. Denn dass die E-Busse vieles verändern würden, wusste wir alle“, erinnert sich Tomislav Gorupic, Abteilungsleiter der Stadtwerke-Werkstatt.

Der erste Elektrobus 2015 auf dem Prinzipalmarkt in Münster. (Foto: Stadtwerke Münster)

80 Prozent der städtischen Linienbusse fahren elektrisch

Alle 300 Busfahrer:innen der Stadtwerke wollen möglichst nur noch auf dem Bock eines E-Busses sitzen, berichtete Michael Jasper: „E-Busse sind leiser, vibrationsärmer, komfortabler, lassen sich besser fahren und heizen sich zudem im Sommer nicht so auf.“ Gut für die Busfahrer:innen, dass die Stadtwerke in diesem Sommer schon den 97. elektrischen Bus geliefert bekommen. Dann besteht die Busflotte mit aktuell 120 städtischen Linienbussen zu über 80 Prozent mit ökologisch verträglichen Fahrzeugen.

Hatte der erste E-Bus in Münster noch eine Reichweite von 40 Kilometern, können die heutigen Busse ein Vielfaches davon fahren. Die neueste Generation der Stadtwerke-Busse hat eine Reichweite von 250 Kilometer. So können die Planer:innen, wie E-Mobilität-Projektleiter Klaus Kock erläuterte, inzwischen Batterie schonend mit Strom betanken. Ebenso wie beim E-PKW wäre es optimal, wenn die Batterie zwischen 20 und 80 Prozent geladen sei.

Dies geschieht entweder in den beiden Bushallen am Betriebshof in der Rösnerstraße oder an den inzwischen 16 Ladepunkte an zwölf Standorten in der Stadt. Für die komplette Antriebswende und auch für die geplante Einführung von Elektrobussen bei den Auftragnehmern der Stadtwerke Münster, soll die Zahl der Ladepunkte – sie befinden sich an den Endhaltestellen der Linien – auf 22 an 18 Standorten ausgebaut werden. „Der technische Fortschritt und der Ausbau der Ladeinfrastruktur hat die Umstellung beschleunigt“, erklärte Tomislav Gorupic. „Dann ist der Infrastrukturausbau für uns abgeschlossen“, ergänzte Frank Gäfgen. Durch die Nachladung an der Endhaltestelle – wenn der Bus ohnehin Pause macht – können die Stadtwerke Dieselbusse fast Eins-zu-eins ersetzen, denn durch die Vielzahl der Lademöglichkeiten und der schnellen Nachladung fallen keine zusätzlichen Ladepausen oder Auswechselfahrten an

Gut gelaunt waren anlässlich des Jubiläums die Stadtwerke-Mitarbeiter E-Mobilitäts-Projektleiter Klaus Kock (v.l.n.r.), Busfahrer Michael Jasper, Werkstattleiter Tomislav Gorupic und Geschäftsführer Frank Gäfgen.

Drei von vier Millionen Buskilometer elektrisch

Über drei Millionen Kilometer von insgesamt vier Millionen werden die Stadtwerke-Busse in diesem Jahr elektrisch zurücklegen. „Nur noch etwa eine Million mit Diesel. Der Dieselverbrauch – und damit einhergehend auch der CO²-Ausstoß der Stadtwerke-Busse – wird von 2017 bis 2025 von 2,6 Millionen Liter Diesel auf voraussichtlich unter 500.000 Liter sinken. Dabei ist es für die Stadtwerke selbstverständlich, dass die Busse Ökostrom tanken“, verdeutlichte Florian Adler, Pressesprecher der Stadtwerke.

Neben dem Klimaschutz wäre auch die Lärmreduktion ein wichtiger Vorteil der E-Busse. Sie seien deutlich leiser als Dieselbusse, wovon Fahrgäste genauso profitieren wie Anwohner:innen an den Busstrecken und die Besucher:innen in der Innenstadt. „Für mich ist die Fahrt viel ruhiger und damit angenehmer, weil der laute Dieselmotor wegfällt. Dadurch ist es auch im Bus viel leiser, was auch den Stress reduziert. Dass mein Arbeitgeber so früh in die Technik investiert hat, macht den Job jeden Tag etwas leichter“, erklärte Michael Jasper.

Erfolgreiche Strategie war Basis des schnellen Ausbaus

Schon zum Start der 2010er-Jahre haben die Stadtwerke sich eine Elektrobus-Strategie zurechtgelegt und setzen diese seit 2015 konsequent um. Kernstück dieser Strategie war das Nachladen der Busse auf der Strecke. Aber natürlich war die Förderung durch das Land Nordrhein-Westfalen und den Bund auch sehr wichtig. Schließlich kostete die Infrastruktur und auch die Werkstattumrüstung einiges und die E.Busse sind etwas doppelt so teuer wie vergleichbare Dieselfahrzeuge. Bis zu 750.00 Euro koste ein moderner elektrisch betriebener Gelenkbus.

Für die Investitionen in die Elektrifizierung erhielten die Stadtwerke Dank ihrer guten Strategie – Ladeinfrastruktur und Betriebshofumrüstung wurde beim Land NRW beantragt und die bis zum Vorjahr optimale Förderung des Erwerbs von E-Bussen beim Bund genutzt – Förderquoten von 80 Prozent bei den Mehrkosten des Fahrzeugerwerbs und sogar 90 Prozent von den Kosten des Infrastrukturaus- und -umbaus. „Diese vorbildliche Förderkulisse hat es uns ermöglicht, heute schon so weit zu sein. Wir erhoffen uns auch in Zukunft einen Bestand der Förderung. Die ersten Signale der neuen Bundesregierung stimmen mich da ziemlich optimistisch“, verriet Frank Gäfgen.

Noch sind zu wenige Busse elektrisch unterwegs

Dabei ginge es den Stadtwerken nicht nur um den Ersatz der letzten 20 eigenen Dieselbusse. Auch die privaten Partnerunternehmen im Stadtbusverkehr betreiben noch etwa 80 Dieselbusse. Der erste E-Bus im Linienbetrieb eines Partnerunternehmens erwartet Florian Adler noch in diesem Jahr. Auch im Regionalverkehr des RVM werden inzwischen E-Busse eingesetzt. Auch deutschlandweit ist die Herausforderung noch extrem groß. Von 35.000 Stadtbussen waren Ende 2024 gerade einmal 3.375 elektrisch unterwegs.

Natürlich müssen auch einmal E-Busse aussortiert werden. Grundsätzlich haben sie eine Nutzungszeit von zwölf Jahren. Drei Jahre, also bis 2018, hatten die Stadtwerke sich Zeit genommen, um mit den ersten fünf Bussen zu lernen, ehe weitere angeschafft wurden. Im intensiven Austausch mit dem Hersteller VDL wurden Erfahrungen und Erkenntnisse gesammelt, die über das europäische „ZeEUS-Programm“ mit vielen ÖPNV-Anbiertern in verschiedenen Ländern geteilt wurden.

Auch im Regionalverkehr im Münsterland setzt der RVM inzwischen erste E-Busse ein. (Foto: RVM)

„Die Busse von 2015 haben wir übrigens kürzlich verkauft“, berichtete Florian Adler: „Sie entsprachen an vielen Stellen nicht mehr den Erwartungen an moderne E-Busse. Nun helfen diese Fahrzeuge Betrieben in Finnland beim Einstieg in die E-Mobilität.“

Öffentliche Führungen über den E-Bus-Betriebshof
Aufgrund des Jubiläums bieten die Stadtwerke zwei öffentliche Führungen über den Betriebshof an: Donnerstag, 22. Mai, und Dienstag, 27. Mai, jeweils um 17.30 Uhr. Interessierte können dabei einen Blick in die Werkstatt und die großen Wagenhallen werfen. Eine kostenlose Anmeldung ist notwendig, da die Teilnehmendenanzahl begrenzt ist. Sie ist hier möglich.

In der Werkstatt auf dem Stadtwerke-Betriebshof können die Busse sogar schweben.

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