Wahlrecht für alle in Deutschland lebenden Menschen
Am Freitag, dem 31. März, wird Sanaz Azimipour auf Einladung der Münsterliste – bunt und international e.V. in Münster zu Gast sein. Im Rahmen der Veranstaltungen in den Wochen gegen Rassismus 2023, die vom 20. März bis 2. April 2023 stattfinden werden, möchte die Münsterliste mit der Mitinitiatorin der Petition „Nicht ohne uns 14 Prozent: Wahlrecht für alle in Deutschland lebenden Menschen“, die inzwischen schon fast 15.000 Menschen online unterzeichnet haben, in der leo:16 über die Ausgrenzung von rund 14 Prozent der Einwohner*innen bei Wahlen und Abstimmungen diskutieren. Dem aktuellen sechsköpfigen Vorstand der Münsterliste gehört auch Larisa Volodarskaya an, die keinen deutschen oder EU-Pass besitzt. Mit ihr entspricht der Anteil der Menschen mit Migrationsvorgeschichte im Vorstand der Münsterliste bei zwei von sechs Mitgliedern gleichzeitig dem Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund wie in der Einwohnerschaft (ca. 25 Prozent) sowie der prozentualen Anzahl der wegen fehlendem deutschen Pass nicht stimmberechtigten Einwohner*innen in Deutschland.
„Wir werden systematisch unsichtbar gemacht“
„Während Politiker*innen ihre Wahlkampagnen für lediglich 86 Prozent in Deutschland lebenden Personen machen, werden wir stummgeschaltet. Während Parteien zwei Wochen vor der Wahl mit ihren Abschiebungspolitiken, Ausbürgerungsstrategien und Grenzsicherungen auf Stimmung gehen, wird uns das politisches Mittel weggenommen, um für unsere Rechte zu kämpfen. Wir werden systematisch unsichtbar gemacht.“
Sanaz Azimipour & Javier Toscano
Sie dürfen nicht wählen!
Es sind Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft – migrantische und geflüchtete Aktivist*innen, Student*innen, Arbeiter*innen, Lehrer*innen, Journalist*innen, Wissenschaftler*innen, Künstler*innen, nicht erwerbstätige und so weiter. Einige von ihnen leben seit Jahren in Deutschland, einige von ihnen sind sogar in Deutschland geboren und einige sind erst seit Kurzem da. Sie sprechen unterschiedliche Sprachen und haben unterschiedliche Hintergründe. Sie haben viele Unterschiede aber ein gemeinsames Problem: Sie dürfen nicht wählen. Es sind die 14 Prozent!
Vor gut einem Jahr fand die letzte Bundestagswahl statt. Und zwar ohne die Stimmen von 14 Prozent aller Volljährigen in Deutschland. Das sind fast zehn Millionen Stimmen, die wieder nicht vertreten werden. Zusammen sind es mehr als die Gesamtbevölkerung Österreichs! Fast zehn Millionen Menschen deren Recht auf Selbstbestimmung vorenthalten wird, die aber trotzdem mit den Konsequenzen der Entscheidungen von der Dominanzgesellschaft – über ihre Gegenwart und Zukunft – leben müssen. Zehn Millionen häufig von Rassismus, Nationalismus, staatlicher Gewalt und Ausbeutung betroffene Menschen.
Deutschland habe in Bezug auf das Wahlrecht von den nicht deutschen Staatsangehörige eines der schärfsten Gesetze weltweit, betonen Sanaz Azimipour und Javier Toscano, was ihnen zeige, dass es noch nicht verstanden wurde, was Demokratie heißt, oder was diese sein kann.
Es fehlt die deutsche Staatsbürgerschaft
Der Grund: Ihnen fehlt die deutsche Staatsbürgerschaft. Die deutsche Staatsangehörigkeit ist eine Grundvoraussetzung, um in die wichtigste politische Beteiligungsform, wie Bundes- und Landtagswahlen, teilnehmen zu dürfen. Sanaz Azimipour und Javier Toscano sagen deutlich: „Es reicht! Es kann nicht sein, dass wir, fast zehn Millionen Bewohner*innen, von dem wichtigsten politischen Instrument eines jeden Staates ausgeschlossen werden. Und das nur weil uns die Privilegien fehlen. Wahlrecht muss ein Recht sein, kein Privileg! Wir möchten bei der nächsten Bundestagswahl nicht wieder nur zugucken. Deutschland als ein demokratisches Land muss seine undemokratischen Gesetze ändern. Deshalb fordern wir: Bundestagswahlrecht, Landtagswahlen und Kommunalwahlrecht für alle Menschen, die seit fünf Jahren ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben.“

Das Grundgesetz ist selbst rassisitisch. Artikel 3 Absatz nutzt das Wort Rasse. Der Begriff Volk hat auch eine ähnliche Konnotation. Als das GG verfasst wurde, war die Welt ganz anders, das Zweiten Weltkrieg lag nicht lang zurück. Heute wurden die Verfasser vielleicht Bevölkerung schreiben, die Welt hat sich globalisiert.
Als nicht Staatsangehörige wird meine Würde verletzt, es wird davon ausgegangen, dass ich ungebildet bin, dass ich es noch nicht einmal mit ein 16-Jährige mich messen könnte! Die Bedingungen zum Erwerb die deutsche Staatsangehörigkeit verletzen viele der schönen Vorsätze des Grundgesetzes: Würde, Weltanschauung, Selbstbestimmung, …
Von den nicht Staatsangehörige wird erwartet, dass sie sich integrieren, ist Integration eine Einbahnstraße in den nur einen ein Schritt vornehmen muss?
Eine inklusive Gesellschaft ist Deutschland nicht. Viele Randgruppen, jeder zählt Millionen von Menschen, werden ignoriert, das Recht auf Teilhabe bzw. Gleichbehandlung wird unzureichend wahrgenommen.
Nach mehr als 50 Jahre in Deutschland, werde ich offenbar als unmündig betrachtet, natürlich bezüglich Rechte. Die Pflichte unterliege ich zu 100%.