Anerkennung des universalistischen Erbes

Migrant*innen wollen ins Rathaus – Interkulturelles Münster statt „nur“ Integration von Ausländer*innen

Die Münster Liste – bunt und international tritt mit einer Ratsliste an, auf der in den Top 10 mehrheitlich Menschen mit Migrationsvorgeschichte platziert sind. Dies einerseits, um den Anteil der Ratsmitglieder in Münster mit Migrationsvorgeschichte zu erhöhen, und andererseits, weil zwar einige Parteien Kandidat*innen mit Migrationsvorgeschichte aufgestellt haben, diese aber im Wahlkampf nach vorn und auf den Listen nach hinten stellen. Mit Dr. Georgios Tsakalidis schicken die Buntinternationalen sogar einen migrantischen Oberbürgermeisterkandidaten ins Rennen.

Die Platzierung des ersten*r Kandidat*in mit Migrationsvorgeschichte auf den Reservelisten für den Rat. Die fehlenden Parteien haben keine Menschen mit Migrationsvorgeschichte aufgestellt.

  • Münster Liste Platz 1
  • Volt Platz 2
  • Die Linke Platz 5
  • SPD Platz 9
  • CDU Platz 14
  • Grüne Platz 21
  • FDP Platz 31
Rome William Baffoe (v. l.), Mónika Hemsath, Shouresh Shakibapour-Tabrizi und Pavel Volodarsky erläuterten im Pressegespräch am 26. August, warum endlich mehr Migrant*innen in Rat und Verwaltung der Stadt vertreten sein müssen. (Foto: Lothar Hill)

Jede*r vierte Münsteraner*in hat eine unmittelbare Migrationsvorgeschichte

Aktuell hat rund jede*r vierte Münsteraner*in eine unmittelbare Migrationsvorgeschichte. Zu diesem Viertel der Einwohnerschaft kommen unzählige Urmünsteraner*innen und Zugezogene, die eine ältere Migrationsvorgeschichte besitzen.

Trotzdem wird auch in Münster bei gesellschaftlichen und politischen Diskussionen noch immer zwischen verschiedenen Deutschen („Biodeutsche“ und „Migrant*innen“) unterschieden. Dies manifestiert in den Köpfen der Menschen, dass es zwei Arten von Deutschsein gäbe. Das ist natürlich Quatsch.

Hinzu kommt, dass bei der Kommunalwahl am 13. September in Münster alle Menschen mit einer EU-Staatsangehörigkeit wählen dürfen. Dies erschwert natürlich die Partizipation der vielen Einwohner*innen ohne EU-Pass. Sie interessieren sich deshalb verständlicherweise weniger für die öffentlichen Angelegenheiten in ihrer Nachbarschaft und natürlich auch der Gesamtstadt. Nachvollziehbar, denn wenn ich von den Entscheidungen institutionell ausgeschlossen werde, ist mein Interesse an der Mitarbeit der Gestaltung der Gemeinschaft natürlich deutlich geringer.

Wahlrecht für alle ab 14 Jahren

Die Münster Liste – bunt und international möchte nicht nur das Wahlalter (aktiv und passiv auf 14 Jahre) senken, sondern aus den genannten Gründen allen Einwohner*innen das Recht geben, an Wahlen zumindest auf lokaler Ebene teilnehmen zu können. Nur wer mitbestimmen darf, ist auch motiviert an der Entscheidungsfindung mitzuwirken.

Grieche kandidiert für das Amt des Oberbürgermeisters

Dr. Georgios Tsakalidis kandidiert für das Amt des Oberbürgermeisters von Münster.

Bei der Kommunalwahl am 13. September ist mit Dr. Georgios Tsakalidis erstmals unter den elf Bewerbern um das Amt der Oberbürgermeisters in Münster ein Kandidat dabei, der nicht nur eine Migrationsvorgeschichte hat, sondern nichtmals Deutscher sondern Grieche ist. „Politik jeden Tag neu zu erfinden, weg von den Apparaten oder Parteien hin zu den Menschen und ihren Potentialen, ist meine Motivation. Ich will die Gestaltungsmöglichkeiten eines Oberbürgermeisters und die des Rates nutzen – und endlich Veränderungen für die Vielen einleiten, um die Menschen bei ihren Bedürfnissen abzuholen. Menschen, die nicht das Glück hatten auf der Sonnenseite des Lebens geboren worden zu sein.“

Wenige Migrant*innen auf den Reservelisten

Auch auf den ersten Plätzen der Reservelisten der antretenden Parteien und der Münster Liste sind insgesamt nur wenige Kandidat*innen mit unmittelbarer Migrationsvorgeschichte oder ausschließlich mit EU-Staatsangehörigkeit dabei. Die folgende Tabelle zeigt anhand der Geburtsorte der ersten zehn Kandidat*innen der jeweiligen Reservelisten, wie stark Menschen mit Migrationsvorgeschichte in die zukünftige Ratsarbeit von den einzelnen Bewerberlisten eingebunden werden sollen.

Auffällig ist, dass fünf von zwölf Parteien oder Listen überhaupt keine Kandidat*innen mit Geburtsorten außerhalb von Deutschland aufgestellt haben. Nur die Münster Liste – bunt und international hat sowohl in Deutschland geborene Kandidat*innen (5), als Menschen die in den heutigen EU-Staaten (2) das Licht der Welt erblickten, aber auch aus einem europäischen Land außerhalb der EU (Ukraine) sowie aus dem Iran und Brasilien.

Die Flaggen der Geburtsländer der Direktkandidat*innen der Münster Liste für die Kommunalwahl in Münster: Iran (von oben links nach unten rechts), Griechenland, Nordrhein-Westfalen, Nigeria, Russland, Türkei, Baden-Württemberg, Brasilien Ukraine, Georgien, Bayern und Ägypten.

Unter den 33 Direktkandidat*innen der Buntinternationalen für den Stadtrat von Münster sind die Frauen (54,55 Prozent) in der Mehrheit und fast die Hälfte (16) der Plätze mit Migrant*innen besetzt worden.

„Münster ist schon seit der Stadtgründung durch den Niederländer Liudger ein Ort, der immer viele Zugezogene aufgenommen hat. Die Poahlbürger*innen möchten sich zwar gelegentlich noch gern gegen die Zugereisten abschotten, doch die große Mehrheit in Münster steht zu unserem universalistischen Erbe. Dies muss sich endlich auch in Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft deutlich zeigen“, fordert Werner Szybalski, Gründer der Münster-ist-bunt!-Liste, Ratskandidat auf Platz zwei der Buntinternationalen und natürlich auch Enkel von Migrant*innen: „Ich hoffe sehr, dass die Münsteraner*innen bei der Kommunalwahl am 13. September das Fenster für mehr Universalität in unserer Stadt los (und nicht etwa auf) machen!“